Zeitschriften- und Testberichte zur Aprilia RS 250

Motobike Aprilia RS 125 vs. RS 250

Test Aprilia RS 250 - Eine Frage des Takts
Gebrauchtberatung Aprilia RS 250 - Durststrecke
Test Aprilia RS 250 – Apriliafrische
Vergleichstest Aprilia RS 250 gegen Honda NSR 250 - Sport-Spiegel
SchwesteRSchwester - RS 125 vs. RS 250

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:::Bikers Journal.net Ausgabe 12-2003:::
:::Test-Berichte der Fachzeitschrift Motorrad:::
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Test Aprilia RS 250 - Eine Frage des Takts

Schnelle Straßenmotorräder mit Zweitaktmotor? Da gibt es nur noch die kleine Aprilia. Und auch die muss spätenstens im Juli 2004 in den Ruhestand geschickt werden. Ganz schön taktlos.

Die ganze Zeit über juckte es in den Fingern. Doch es war Beherrschung geboten. Schließlich sollte der Test mit einem serienmäßigen Motorrad gefahren werden. Eines Abends aber waren die Meß-, Test-, und Impressionsfahrten abgeschlossen, endlich konnte der Schraubenschlüssel angesetzt werden. Umdrehen des originalen Schaltschemas fürs fröhliche Nachbrennen war angesagt. Bei der Aprilia RS 250 muss lediglich der kleine Hebel am Getriebeausgang nach oben gedreht, die Position des Schalthebels in der richtigen Höhe justiert werden. Warum das alles? Ganz einfach. Nur wenn von oben nach unten hochgeschaltet wird, kann man die Gänge mit der Schnelligkeit nachdrücken, die zur Sektkorken-Charakteristik der RS 250 paßt. Zwischen 5000 und 7000/min zeigen sich Ansätze von Leistungsbereitschaft. Hier kann die Aprilia im Verkehr mitdümpeln, in den unteren Gängen sogar fühlbar Tempo zulegen. Jeder Gedanke an ernsthaftes Beschleunigen würde jedoch mindestens zweimaliges Zurückschalten nötig machen. Dann ist da noch bei 8000/min einen kleiner Einbruch zu überwinden. Doch bei 9000/min macht es plötzlich mooooaaaahap, wie ein Korken knallen viele PS aus den kleinen Brennräumen. Knapp über 11000/min ist alles schon wieder vorbei, doch wenn rechtzeitig mit einem Zehntelsekunden-Zucken der nächste Gang nachgeladen wird, lässt sich das Korkenknallen ein paar Mal wiederholen. Der kleine Schaltblitz im Cockpit ist da sehr hilfreich. Bis eine nahende Kurve oder im schlechtesten Fall ein Vierradler im Zuckeltrab die ganze Spritzigkeit wieder in die Flasche zurückdrängen. Also die Getriebestufen wieder runtersteigen, einlenken oder hinterherzuckeln, auf den richtigen Moment warten, und noch mal das Ganze. Ein hochgradig aufregender Genuß und keiner, der leicht oder billig zu haben ist. Aber ein Genuß allemal. Egal nach welchem Schema sie schalten, RS-Neulinge brauchen Zeit, um der ständigen Forderung nach der optimalen Drehzahl gerecht zu werden, die Stufung des Getriebes zu verinnerlichen. Erst dann können sie anhand des Streckenbilds vor ihnen halbwegs einschätzen, welcher Gang gebraucht wird. Dass der Erste eher kurz ausgelegt wurde, der Sprung zu den beiden nächsten groß ausfällt, hilft zwar beim Anfahren, erleichtert die Wahl der richtigen Fahrstufe aber nicht gerade. Zumal die Gesamtübersetzung - wohl wegen der Geräuschmessungen - zu lang ist, wodurch die vorteilhaft eng gestuften Gänge fünf und sechs in einen auf der Landstraße kaum noch nutzbaren Tempobereich verschoben werden. Klingt kompliziert und ist es auch. Doch es muss einfach erwähnt werden, damit deutlich wird, welche Klimmzüge nötig sind, um ein so spitzes Gerät für den öffentlichen Verkehr zuzulassen. Dass die RS 250 im Sinne der Alltagstauglichkeit kein gutes Motorrad sein kann, dürfte damit klar sein. Wer sich auf sie einlässt, sie mit der nötigen Präzision zu fahren versteht, kann gerade deshalb sehr glücklich mit ihr werden. Das muss nicht einmal von Anfang an so sein. Denn die Aprilia ist ein tolles Schulungsmotorrad, das seine Piloten zur Konzentration und zum sauberen Fahren erzieht. Und sie dafür reich belohnt. Den von der Suzuki RGV 250 stammenden Zweitaktmotor der Aprilia auf seine Leistung, seine spitze Charakteristik und seinen exorbitant hohen Verbrauch an Benzin und Öl zu reduzieren, wäre nämlich grob unfair. Ein Zweitakter ist schließlich immer ein Motor mit eingebauter Anti-Hopping-Kupplung. Sein geringes Bremsmoment im Schiebebetrieb garantiert selbst bei ganz späten Bremsmanövern unbeschwertes Zurückschalten. Einkuppeln ist noch in Schräglage möglich, ohne dass gleich das Hinterrad wegen der Motorbremse wegrutscht oder ins Stempeln gerät. Dieser trockene technische Sachverhalt macht die Aprilia im Kurveneingang pfeilschnell und den Fahrer regelrecht übermütig. Der viel gebrauchte Ausdruck "messerscharfes Handling" passt hier dank des Motors so gut wie sonst nie. Auch im weiteren Verlauf der Kurve glänzt der Zweitakter durch Geschmeidigkeit. Praktisch ohne Lastwechselschlag, ohne störende Einflüsse aufs Fahrwerk gelingt der schnelle Übergang vom Schiebe- in den Lastbetrieb, und wenn die Drehzahl passt, schnalzt die RS 250 aus der Kurve mit eleganter Leichtigkeit. Dabei behält der Pilot den Kopf frei fürs Wesentliche: den Blick für die Linie, das Gefühl für Schräglage und Reifenhaftung. Ein Kollege, der mit der 250er-Aprilia sein Zweitakt-Debüt feierte, war beeindruckt: "Du kannst reinpfeffern ins Eck und dann immer noch jede Linie fahren, die dir einfällt. Du brauchst nur zu gucken, wo du hin willst, und die Kleine ist schon dort. Kein Wunder fegen die Dinger so rotzfrech auf der Rennstrecke rum." Tja, denken Leute mit Zweitakt-Erfahrung, und wenn dann noch die Übersetzung angepasst würde ... Damit niemand glaubt, die Kurventüchtigkeit der Aprilia ließe sich mit einer handlingfreundlichen Fahrwerksgeometrie für ein Viertakt-Motorrad einfach nachbauen, ein Blick auf ihre Daten: Lenkkopfwinkel 64,5 Grad - nicht besonders steil. Nachlauf 102 Millimeter - eher lang. Radstand 1360 Millimeter - auch nur drei Zentimeterchen kürzer als bei den kürzesten 1000ern. Eine erzkonservative, stabilitätsfördernde Geometrie. Die Handlichkeit der Aprilia besteht also zu einem guten Teil aus Zweitakt-Magie - daraus, wie gut dieses Antriebskonzept zu den Abläufen beim Motorradfahren passt. Natürlich kombiniert mit einem schmalen Hinterradreifen der Dimension 150/60 ZR 17 und einem 120/60er vorn. Der Vorderreifen hinterließ allerdings wieder einen zwiespältigen Eindruck. Wie erst vor Kurzem bei der Yamaha YZF-R6 beobachtet (MOTORRAD 9/2002), gibt er auch bei der Aprilia Stöße sehr ungehobelt weiter. Das Vorderrad springt stärker als bei Reifen mit höherem Querschnitt, und den Handlingvorteil des 120/60ers braucht die Aprilia genauso wenig wie die Yamaha. Wenn von der Handlichkeit der RS 250 die Rede ist, darf selbstverständlich ihr Leichtgewicht von 167 Kilogramm vollgetankt nicht unerwähnt bleiben. Dabei wurde der Leichtbau noch nicht einmal ins Extrem getrieben. Denn abgesehen von den ganzen Anbauteilen, die für den Straßenbetrieb nötig sind, abgesehen auch vom 19 Liter fassenden Tank trägt die Aprilia ziemlich solide Teile. Die Gabel, der Alubrückenrahmen oder die Schwinge wirken für eine 250er schon fast übermäßig stabil. Aber was soll´s, man sieht sie gerne, die stämmigen Achsklemmungen und voluminösen Leichtmetallprofile. Zumal auch deren fein polierte Oberflächen und gleichmäßige Schweißraupen dem Auge schmeicheln. Ohnehin präsentiert sich die RS 250 bei all ihrer Agilität und schlanken Gestalt als ausgewachsenes Motorrad. Zu einem ausgewachsenen, angesichts der Ausstattung aber nachvollziehbaren Preis. Nicht einmal große Piloten bekommen das Gefühl, sich auf einem Spielzeugmoped ungebührlich stark zusammenfalten zu müssen. Die Aprilia-Philosophie, ausladende Verkleidungen zu bauen, ist schon bei den 250er GP-Rennern zu beobachten; sie zieht sich durch bis zur RS 250. Mit der stark gewölbten Scheibe obendrauf ist ordentlicher Windschutz garantiert. Bleibt die Frage nach der Zuverlässigkeit des hochgezüchteten Zweitakt-Geräts. Im Prinzip bestens, aber... Ja, die alte Geschichte. Die Schieber der Auslasssteuerung sind noch immer empfindlich. Wenn die Nut des mittleren Segments in Längsrichtung etwas aufgeweitet wird, rutscht das scharfkantige Teil in den Zylinder hinein und verursacht sofort einen Motorschaden. Wer die Nut regelmäßig kontrolliert, kann mit dem mechanisch robusten Suzuki-Triebwerk in der Aprilia aber etliche 10000 Kilometer zurücklegen. Am meisten machen dem Zweitakter sowieso seine Schadstoffemissionen zu schaffen. Ihretwegen wird die unvernünftig-faszinierende Aprilia nicht mehr zulassungsfähig sein, wenn die Euro-2-Norm ab 1. Juli 2004 für alle Neufahrzeuge, auch solche mit älterer Homologation, verbindlich wird. An diesen Tag will ich gar nicht denken. Jetzt ist Feierabend, es winkt ein prickelnder Heimweg-Test mit umgedrehtem Schaltschema. Vielleicht kann ich mich ja für die Zweitakt-Rätschen-Ausfahrt meines Kollegen Werner Koch qualifizieren. Näheres dazu steht unter www.motorradonline.de im Forum.

Quelle: Schneider, Ralf
Aus: MOTORRAD 2002/10

Gebrauchtberatung Aprilia RS 250 - Durststrecke

Wenigstens mit der Wahl ihrer Maschine haben die Freunde moderner Zweitakter keinerlei Schwierigkeiten. Wollen sie deren einzigartig dynamische, herrlich unvernünftige und unharmonische Art der Leistungsentfaltung erfahren, gibt es in Deutschland zur Aprilia RS 250 keine Alternative, von japanischen Grauexporten mit entsprechend kargen Garantieleistungen und den 125er Einsteigermodellen einmal abgesehen. Das Modell des italienischen Herstellers debütierte 1995 mit dem modifizierten V2 -Triebwerk der Suzuki RGV 250, die 1993 vor den strenger gehandhabten Emissionsgesetzen für Zweitakter die Segel gestrichen hatte. Klein, zierlich, gerade mal 165 Kilogramm schwer und mit 56 PS aus 250 cm³- das entspricht einer spezifischen Literleistung von mehr als 220 PS - hat die RS Qualitäten aufzuweisen, von denen die Viertaktkonstruktionen der beliebte 600er Supersportklasse nur zu träumen wagen. Allerdings hat der Gesetzgeber für die deutsche Version, die hier ungefähr 1600mal zugelassen ist, zwei ungeregelte Kats verordnet. Die nervöse Leistungs-Charakteristik des V2 kommt natürlich den beschaulichen Ambitionen der Tourenfahrer nicht entgegen. Für RS-Piloten sind im Prinzip nur zwei Positionen des Gasgriff entscheidend: auf oder zu. In den ersten drei Gängen zieht der Motor ab etwa 7000/min respektabel. In den oberen drei spielt sich die dynamische Art des Vortriebs praktisch zwischen 9000 und 11900 Touren ab, bis der Drehzahlbegrenzer Einhalt gebietet. Diese Art der Leistungsabgabe ist eigentlich nur für einen Einsatzzweck ideal: die Rennstrecke. Denn für die Autobahn gibt es wesentlich bequemere Fortbewegungsmittel, und auf der Landstraße ist man mit dieser Art von Motorradfahren ständig jenseits des Limits. Nicht zuletzt deshalb, weil das Fahrwerk mit der Motorleistung keinerlei Probleme hat. Die in Dämpfung und Federung vorn und hinten justierbaren Elemente sowie die effektive Dreischeiben-Bremsanlage geben kaum Grund zur Beanstandung. Die Sorge der Aprilia-Piloten gilt eher der längerfristigen Haltbarkeit des Motors. Kolbenschäden innerhalb der ersten 20000 Kilometer sind laut Langstreckentest der Schwester Zeitschrift PS und Lesererfahrungen keine Seltenheit. Speziell die elektromechanisch angesteuerten Auslassschieber zeigen häufig Ermüdungserscheinungen. Die Bohrungen der Scherspannstifte in den insgesamt vier Schiebern - zwei in jedem Auslass - schlagen in der Platte aus. Die ragt dann so weit in den Zylinder hinein, daß sie die Laufflächen der Kolben beschädigen. Aprilia sieht vor, daß sie bei den alle 4000 Kilometer anfallenden Inspektionen auf Verschleiß und richtige Funktion überprüft werden. Da vier neue Schieber rund 950 Mark kosten, kontaktieren viele RS-Piloten die Firma F. , die in Kleinserie die Schieber überarbeitet und mit einem soliden Stahlring-Einsatz versieht. Die Kosten pro bearbeitetem Schieber liegen je nach Ausführung zwischen 120 und 170 Mark, die Firma verspricht eine Laufleistung von mindestens 20 000 Kilometern. Vorsichtige Naturen lassen sowieso bei jeder Inspektion durch Demontage Zylinder, Kolben und Zylinderlaufbahn überprüfen, um Kolbenklemmer oder Schlimmeres zu verhindern. Auch vibrationsbedingt zerbröselnde Kats in der Auspuffanlage sind schon mal der Grund für Kolbenschäden, wenn Stahlpartikel Berührung mit den Kolbenlaufflächen haben. Nach so einem Schadensfall kann man sogar Verständnis für Fahrer aufbringen, die von den Katalysatoren die Schnauze voll haben und für zirka 1600 Mark eine Jolly Moto-Anlage montieren. Die hat keine Kats und steigert die Leistung, hat aber beim TÜV keine Chancen. Von 1995 bis 1997 wurde die RS praktisch unverändert gebaut. Für 1998 überarbeitete Aprilia seinen kleinen Renner: Mit günstiger platzierten und widerstandsfähigeren Katalysatoren wurden Durchzug und Endleistung noch einmal optimiert worden. Die vordere Upside-down-Gabel hat seither die Verstellung für Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung in beiden Gabelholmen, nicht wie vorher getrennt. Eine neue Verkleidung soll einen noch besseren Windschutz und einen günstigeren cw-Wert ergeben. Die Vorderradbremse läßt sich mit neuer Handpumpe noch besser dosieren. Die Reifenbreite wuchs auf 120 (vorher 110) Millimeter vorn, das Instrumenten-Display weist jetzt einen digital einstellbaren Schaltblitz auf, und die Tankkapazität wuchs um drei auf 19,5 Liter. Das werden die Fahrer des neuen Modells zu schätzen wissen, so wächst der Aktionsradius auch bei strammer Fahrweise schon mal über die 200- Kilometer-Marke. Denn unter Last säuft der kleine, starke Zweitakter locker zwischen acht und zehn Litern Benzin oder gar mehr auf 100 Kilometer. Auch der Ölverbrauch pendelt sich bei dieser Belastung auf zirka zwei Liter pro 1000 Kilometer ein. Doch Liebhaber dieser Fortbewegungsart nehmen diese unzeitgemäßen Trinksitten in Kauf. Natürlich sind gebrauchte RS aus den Jahrgängen 1995 bis 1997, weil zahlreicher und schon betagter, günstiger zu erwerben als das neue Modell. Allerdings sollten Kolben, Zylinder und Auslassschieber einer Kontrolle unterzogen werden, damit keine Durstrecke wegen frühen Motorinfarkts droht.

Quelle: Limmert, Peter
Aus: MOTORRAD 1999/05

Test Aprilia RS 250 – Apriliafrische

Bei aller Liebe, es gehörte bislang schon eine übergroße Portion Begeisterung dazu, sein zweirädriges Leben mit dem giftigen Aprilia-Zweitakterle zu teilen. Nervös, kraftlos im Durchzug und mit verschlafenem Antritt aus dem Stand, konnten im Stadtverkehr selbst dem hartgesottenen Zweitakt-Spezialisten schon mal die Nerven durchgehen. Und damit sind wir schon beim Thema, denn die neue RS 250 ist überm Berg. Dank emsiger Fleißarbeit an der Auspuffabstimmung und gelungenen Detaillösungen hat sich der schwarze Renner im astreinen GP-Design zum recht umgänglichen Kerl gemausert. Dreimal gekickt- läuft, und bereits ein paar Gasstöße später trottet der von Suzukis RGV 250 entliehene Katalysator-gereinigte V2-Motor gemächlich und leise durch die verstopfte City. Na also, geht doch. Aber es geht noch viel mehr. Ab 3000/min streßfrei fahrbar, holt der Zweitakt-Quirl kurz nach 7000/min tief Luft und brennt ohne Leistungseinbruch los, daß es im wahrsten Sinn des Wortes nur so raucht. Deutlich mehr Power im mittleren Drehzahlbereich als das Vorgängermodell (siehe Leistungsdiagramm Seite 26), spontan im Antritt und flotte 61 PS Spitzenleistung treiben einem das Grinsen ins Gesicht und die RS 250 in Windeseile auf Höchstgeschwindigkeit. Warum die erstarkte RS 250 jedoch mit mageren 55 PS im Prospekt steht, blieb bis Testende ungeklärt.Zusammengekauert und mit angelegten Ohren durchbricht die RS die magische 200 km/h Mauer, denn die ausladende Verkleidung verbirgt ihren Piloten nahezu vollständig und wirbelfrei vor dem Fahrtwind und schafft somit gute aerodynamische Vorraussetzungen. Fast: denn der faustgroße Lufteinlaß à la GP-Werksrenner mündet ziemlich unsinnig im Nichts. Also nix mit Staudruck und so. Einfach nur Show.Dafür haben sich die Italiener alle anderen mit Hingabe ausgetüftelten Renovierungsarbeiten einen Sack voll Lire kosten lassen. Die neue verwindungssteife Gabel ersetzt das vergleichsweise flexible Bauteil der 1997er Version. In Verbindung mit der ebenfalls erneuerten, jetzt für messerscharfe Dosierung sorgende Handpumpe der beiden Brembo-Bremszangen am Vorderrad dürfen die Bremspunkte neu gesteckt werden. Apropos: Ab sofort spannt sich ein 120/60er ZR 17 Pirelli Dragon-Pneu über die jetzt 3,5 Zoll breite Vorderradfelge und genehmigt, beim Einlenken noch einen Deut härter in die Eisen zu langen. Perfekt wie bislang auch: die Kurvenstabilität. Da wackelt nix, da eiert nix, wie an der Schnur gezogen bügelt die vollgetankt 162 Kilogramm leichte RS 250 durchs wellige Motodrom in Hockenheim. Einbußen in der Handlichkeit aufgrund der breiteren Bereifung sind entgegen aller Befürchtungen nicht zu vermelden. Beste Rückmeldung dagegen sichern die vorn wie hinten fein einstellbaren Federelemente und liefern eine glasklare Information über den nahenden Grenzbereich, ohne deshalb den Reiter mit Bockigkeit zu malträtieren. Überhaupt gibt es für den RS Piloten in Sachen Komfort keinen Grund zu klagen. Die Sitzposition auf dem griffigen Gummipolster und das Platzangebot geht auch für große Kinder in Ordnung. Nur die Stummellenker sollten ein paar Grad mehr nach hinten zeigen, um die Handballen zu entlasten.Im engen Serpentinengewürm, beim alten Modell ein nerviges Drehzahlgewürge mit äüßerst geringem Spaßfaktor, kaschiert der durchzugskräftigere Motor die weit auseinanderklaffenden ersten drei Gangstufen der etwas hakeligen Sechsgang-Schaltbox nahezu perfekt. Ganz nebenbei reduzierte sich durch die neue Abstimmung auch der Spritverbrauch bei Dauertempo 160 km/h gegenüber der letztjährigen Version um rund 2,5 auf 7,6 Liter pro 100 Kilometer, während der Minimalverbrauch um knapp einen halben Liter anstieg. Nicht zu vergessen in der Kalkulation sind zwei Liter Zweitaktöl pro 1000 Kilometer für die Getrenntschmierung. So um die 20 Mark/Liter kostet der schmierige Saft in bester Qualität.Immer noch ein kleines Problem: bei kalter Witterung verlangt der bogenförmige Kühler nach einer Handbreit Klebeband, damit der Motor seine notwendige Wassertemperatur erreicht. Auch wenn er bereits mit weniger Temperatur tadellos marschiert, ist es für die Haltbarkeit von Kolben und Zylindern von Vorteil, erst über 50 Grad richtig einzuheißen. Keine sichtbaren Änderungen gab`s an den bisweilen empfindlichen und für manchen Motorschaden verantwortlichen Auslaßschiebern. So bleibt, wie bisher auch als einziger Ausweg, die regelmäßige Kontrolle im Rahmen der alle 4000 Kilometer anstehenden Inspektionen. Noch eine gute Nachricht zum Schluß: Die kleine Aprilia hat jetzt das, was auch die GP-Werksfahrer haben - einen Schaltblitz im Cockpit. Der läßt sich per Knopfdruck im digitalen Info-Center programmieren und signalisiert dem eiligen Reiter mit einem gut sichtbaren, aber keineswegs aufdringlichen roten Blitzlicht den optimalen Zeitpunkt. Bei 11900/min einjustiert, bleibt genügend Zeit, für den Gangwechsel den nächsten Gang hineinzustippen, bevor der Motor im Begrenzer hängen bleibt. In der Summe ihrer Eigenschaften ist die Aprilia tatsächlich ein ganz feines Gerät für den Wochenendausflug auf die Rennpiste. Ehrgeizige Heißsporne dürfen sich natürlich auch beim Aprilia-Cup einreihen, der mit nahezu serienmäßigen RS 250 über die Bühne geht (Infos Telefon: 0521/4470353). Wer´s trotz aller Sportlichkeit am liebsten auf der Landstraße treibt, darf sich etwas mehr Zeit lassen, denn der ausreichend helle Doppelscheinwerfer leuchtet, im Abblendlicht passabel, im Fernlicht hell wie Osram, auch Spätheimkehrern den richtigen Weg. Nur bei der Liebe wird’s problematisch. Das aufgeschraubte Sozius-Sitzpölsterchen treibt selbst einem Nagelbrett-Fakir die Tränen in die Augen. Zudem leidet die kratzempfindliche Oberfläche der Kunststoffteile speziell unter dem direkt auf den Heckbürzel montierten Plastikteil. Also läßt man`s am besten weg und freut sich in aller Einsamkeit über seine rabenschwarze RS 250 in GP-Format.

Quelle: Koch, Werner
Aus: MOTORRAD 1998/05  

Vergleichstest Aprilia RS 250 gegen Honda NSR 250 - Sport-Spiegel

Ehemalige RD 350-Treiber werden es bestätigen: Rational betrachtet, sprach schon einiges dafür, seinen Zweitakter gegen einen soliden Joghurtbecher zu tauschen. Der zuckelt selbst im Stadtgedränge ohne Murren vor sich hin. Und zu zweit - tadelloser Durchzug. War ja furchtbar, diese ewige Dreherei mit der Zweitakt-Rätsche. Ist schon besser, so ein sanfter, pflegeleichter Viertakt-Muli. Aber manchmal würde man’s doch gern wieder tun. Sonntagmorgens, zwischen Frühstück und Eurosport GP-Übertragung, die Hausstrecke entlangbrettern, die Zweitaktrassel auspressen, bis es süß kommt, die Gänge nur so durchgestippt. Bremsen, umlegen und mit spielerischer Leichtigkeit rum ums Eck. Erfreulicherweise gibt’s auch heute noch ein paar ganz delikate Exemplare dieser Sorte Motorräder im Schaufenster. Aprilias RS 250 mit dem Suzuki RGV-250-Motor zum Beispiel. Schwarz wie die Nacht, geduckt und auf dem Seitenständer schon schneller als der Rest der Welt, steht sie da wie König Maxs (Biaggis) Thron persönlich. Als Gegenstück dazu importiert der ehemalige GP-Pilot Hans Becker (IMT, Telefon 02741/60453) die für den japanische Markt konzipierte Replika von Waldmanns Honda NSR 250. Zierlich, leicht und mit stilvoll rasselnder Trockenkupplung. Beide überspringen die strengen deutschen Abgashürden mittels ungeregeltem Katalysator. Derzeit der einzige Weg, die spritzigen Zweitakter wirksam zu entgiften, ohne daß allzu viele PS auf Strecke bleiben. Keinerlei Abstriche gibt’s beim Spaß mit den beiden Winzlingen. Aber aufgepaßt, so einfach, wie sich’s anhört, ist’s dann doch nicht, zumindest im Fall der Aprilia. Wenn bei ihr Drehzahl und Motorleistung nicht harmonieren, hat sich’s schnell erledigt mit der angepeilten Linie. Also kramen wir im Fundus langer Mopederfahrung, brechen mit viel Schwung ums Eck, legen den Gashahn ein paar Meter früher um, als vom Joghurtbecher her gewohnt - und schon flutscht die Sache. Hondas Zweitakt-Quirl, von der Grundkonstruktion dem Aprilia/Suzuki-Konzept sehr ähnlich, begeistert dagegen mit verläßlichem Schub aus fast allen Lagen. Selbst wenn das Leistungsdiagramm beim NSR-Triebwerk einige Dellen diagnostiziert (Seite 33), rauscht die Honda mit halber Schaltarbeit durchs enge Kurvenlabyrinth, schiebt prompt auf jedes Gaskommando los und läßt der Aprilia keine andere Wahl, als mit spitzer Drehzahl und gelegentlicher Kupplungszauberei hinterherzuhecheln. Weshalb sich der kurzhubige V2-Motor auch an der Tankstelle von dem ausgewogenen NSR-Zweitakter mit dem bewährten quadratischen Hub/Bohrungsverhältnis von 54 x 54 Millimeter geschlagen geben muß. Ein Handicap der Aprilia RS 250: die unsinnig großen Übersetzungssprünge der ersten drei Gangstufen, die sich zudem nur mit einem deutlichen »Klack« in ihre Position begeben. Das kann die NSR zwar besser, dafür knallt der Honda-Antrieb bei Lastwechseln ziemlich deftig mit der Kette. Ja, ja, es braucht schon ein ein paar Tankfüllungen, bis man sich mit den Ecken und Kanten der beiden Flegel arrangiert hat. Als Belohnung für die Geduld und Fleißarbeit gibt’s zwar nicht die gern zitierte Handlichkeit eines Fahrrads, doch selbst im Vergleich zu ganz flinken 600er Sprintern braucht’s bei der Honda tatsächlich nur die halbe Kraft, um den 152-Kilogramm-Floh um die Ecken zu biegen. Trotz komfortbetonter Federelemente bleibt beim flottem Landstraßentänzchen genügend Stabilität, um mit der NSR blitzschnelle Kurswechel ohne Schaukelei und Geeier zu inszenieren. Einziger Spielverderber beim lustvollen Vergnügen: die serienmäßigen Dunlop »Rideen«-Pneus. Wenig Grip und ziemlich sensibel auf Holperstrecken, taugen die Serienpneus eigentlich nur als Felgenschoner. Deshalb stülpen die GP-Stars und auch die MOTORRAD-Tester lieber Dunlop-Gummis feinster Güte über die Gußräder: Sportmax D 207 in klebriger »GP«-Mischung und natürlich mit Straßenzulassung. So besohlt, läßt sich die kompakte - für Zweitakt-Freaks über 185 Zentimeter Bauhöhe schon fast zu kompakte - und kurze NSR 250 von nichts mehr aus der Ruhe bringen und steht bereit, der Aprilia auch auf der Rennpiste eins überzubraten.Doch gemach, schließlich hat die RS 250 ein kunstvoll geformtes Aluminium-Chassis, das nicht nur stabil aussieht, sondern auch so fährt. Die Handlichkeit tendiert zwar in ihrem Fall noch weiter weg vom Fahrrad und hin zum 200-Kilogramm-Joghurtbecher, doch dafür saugt sie sich bombenstabil durch Landstraßenkurven jeglicher Güte. Bodenwellen kümmern die Aprilia ebenso wenig wie wüsteste Asphaltverwerfungen. Gelegentliche Zuckungen im Lenker sind deutlich auszumachen, halten sich aber bei einer soften Landstraßenabstimmung in akzeptablen Grenzen. Ein gutes Gefühl in Sachen Haftung vermitteln die auf der RS serienmäßig montierten Metzeler ME Z 1-Pneus, natürlich in »Racing«-Mischung. Doch leider stemmen sich die 110 und 160 Millimeter breiten Gummis der Handlichkeit entgegen und fordern vom Aprilia-Jockey stramme Zügel beim Einlenken. Straff und direkt abgestimmt, hielten sich die Aprilia-Techniker an die italiensche Fahrwerksbauer-Tradition. Die Federelemente vermitteln jene Rückmeldung, die verwöhnte Joghurtbecher-Besitzer anfangs als unkomfortabel einstufen, spätestens nach der dritten Runde über die Hausstrecke jedoch als höchst informativen Dialog mit der Piste erkennen. Während die Honda bereits im Landstraßentrimm den Großteil ihrer Dämpferreserven aufbraucht, stehen bei der Aprilia die Stellrädchen an Gabel und Stoßdämpfer noch auf »weich«. Das soll sich ändern.Auf der Haus-und-Hof-Rennstrecke in Hockenheim haben Roß und Reiter freien Lauf. Jetzt trägt auch die Aprilia die Dunlop-Sportschuhe, zudem blasen beide durch Jolly Moto-Birnen ihren heißen Sound durchs Motodrom (siehe auch Seite 30). Die Honda zieht gleich noch einen Joker. Die straßentaugliche Chipkarte, die gleichzeitig als Zündschlüssel dient, wird durch eine »HRC-Card« ersetzt. Der Unterschied: eine aggressivere Zündkurve sorgt für mehr Bums beim Beschleunigen und etwas mehr Endleistung, dafür ist bei 11000/min Feierabend, während die Zündkurve der Straßenversion lockere 1000/min länger am Drücker bleibt. Leicht wie ein Stück Balsaholz pfeffert die NSR durch die Ecken, hat jedoch aufgrund ihrer weichen Feder/Dämpferabstimmung ihre liebe Not, die bestechend Handlichkeit auch in Schnelligkeit umzusetzen. Dabei wurde in weiser Voraussicht die Feder der Einarmschwinge bereits durch ein härteres Exemplar ersetzt. Und trotzdem fehlt es der NSR in den wüsten Wellen der badischen Rennpiste an Bodenfreiheit und Stabilität. Auf der Bremse läßt sich kaum was gutmachen, denn die verwindungssteife, aber ebenfalls zu weich abgestimmte 41er Telegabel ist den satten, bestens dosierbaren Doppelscheiben-Stoppern nicht ganz gewachsen und läßt sich in welligen Passagen bis auf den Anschlag zusammenstauchen. Dem kraftvollen Durchzug des NSR 250-Triebwerks folgt leider ein schlagartiger Leistungseinbruch beim geringsten Versuch des Überdrehens. Die Folge: heftige Schalterei mit ständigem Blickkontakt zum Drehzahlmesser. Zehntel für Zehntel fallen dem lästigen Drehzahlbegrenzer zum Opfer, und so bleibt der Chronometer bei mageren 1.17,1 Minuten stehen. Was für eine Schande. Auch die Aprilia findet mit der serienmäßigen Gesamtübersetzung im Motodrom nicht den passenden Rhythmus, läßt sich aber, wenn´s mal pressiert, gnadenlos überdrehen, spart so den einen der anderen Gangwechsel und kaschiert zudem die klaffenden Übersetzungssprünge. Gegen die zögerliche Gasannahme gibt’s auch auf der Rennpiste nur ein wirksames Mittel: Bremsen, umlegen, sofort den Gasquirl auf Anschlag bringen und in gnadenloser Schräglage und mit sauberem Strich bis auf die Kurbs balancieren. Den entscheidenden Vorsprung sichert sich die Aprilia letztlich durch ihr fahrstabiles Chassis mit einem fein justierbaren Federbein. Mit satt eingestellter Druckstufendämpfung hält der Grip am Hinterrad auch in den Bodenwellen und Kompressionpassagen unvermindert an. Nur die Telegabel, deren Feder-/Dämpferfunktionen auf je einen Gabelholm aufgeteilt sind, verwindet sich beim Bremsen spürbar. Dabei gehen die Brembo- Zangen recht bissig, aber mit mäßiger Dosierung und nicht ganz fadingfrei zu Werke. Unterm Strich bleibt die Aprilia mit 1.16,1 Minuten Sieger im Ring. Fertig, einpacken, Testende. Denkste, denn bevor nicht sämtliche Reservekanister mit Sprit leer gefahren sind und die armen Dunlops in Fetzen von den Felgen hängen, kriegt man keinen der MOTORRAD-Tester von Piste. Und morgen erzählen sie einem wieder die Geschichten von Windschutz und Zuverlässigkeit und Durchzug und Vernunft und überhaupt. Na ja, morgen ist morgen, und heut ist heut.

Quelle: Koch, Werner
Aus: MOTORRAD 1997/15

SchwesteR Schwester RS125 vs. RS 250

Tetsuya Harada, Ralf Waldmann, Klaus Nöhles, Katja Poensgen und Alexander Hofmann - Namen von Rennfahrern, die für den Normalsterblichen nicht ohne Wirkung bleiben. Allesamt auf der Erfolgsmarke Aprilia unterwegs oder zumindest bis dato unterwegs gewesen.

Insgesamt konnte der italienische Hersteller aus Noale zig Weltmeistertitel in der 125er und 250er-Klasse einfahren. Grund genug, explizite Sportmotorräder in den Markt zu implantieren und den rennsportlichen Ruhm in klingende Münzen zu verwandeln. Aprilias RS 125 und RS 250 geizen nicht mit optischen Reizen. Doch auch sonst haben die beiden einiges zu bieten.

Geduckt lauern die beiden schrägen Typen am Straßenrand. Lässig auf einer kleinen Stütze lehnend, lassen sie gar keine Hektik aufkommen. Als könnten sie kein Wässerchen trüben blicken sie fast trostlos und mit gesenktem Haupt in die Ferne. Aufwachen! Wir befinden uns weder auf den staubigen Pfaden in "Spiel mir das Lied vom Tod", noch reden wir hier von irgendwelchen coolen Hip-Hop-Typen aus der Neuzeit. Wir befinden uns in der Gegenwart, weitab vom chaotischen Verkehrsinfarkt einer Großstadt. Jede Menge Kurven in allen nur erdenklichen Variationen machen bereits beim Anblick Lust auf das, was Motorrad fahren zum Erlebnis werden lässt. Faseln wir also nicht weiter herum, sondern darüber, was wohl jeden beim Betrachten einer Aprilia RS 125 und RS 250 durch den Kopf geht: "Die muss ich fahren!", höre ich meine innere Stimme lauthals auf sich aufmerksam machen. Doch welche zuerst? Wer die Wahl hat, hat die Qual.

>> Zierlichkeit vor Kraft
Zuerst die kleine 125er, denke ich mir. Dann ist die Enttäuschung später nicht so groß. Gewissenhaft wie Redakteure nun mal sind, habe ich mich zuvor ein-
gehend mit den Leistungsdaten der beiden Zweitakter beschäftigt. Angesichts der zierlichen Ausmaße lassen mich die angegebenen 34 PS ungläubig dreinschauen. Da wirken die 55 PS der RS 250 auf den ersten Blick realistischer. Kaum zu glauben, was heute alles geht - und das in Großserie. Die supersportliche Aufmachung bringt die persönliche Erwartungshaltung einigermaßen durcheinander. Wie soll das bloß gehen? Wie fühlt sich sowas an? Langer Rede kurzer Sinn: Alles absolut easy. Anfahren geht ab 4.500 U/min. Genug um im Verkehr mitzuschwimmen. Mehr aber auch nicht. Vordrängeln sollte man sich sparen - die Blamage könnte sonst allzu große Ausmaße annehmen. Also immer schön locker bleiben, man sitzt halt nicht auf einer 600er. Richtiger Fahrspaß kommt erst ab 7.000 U/min auf. Eine Vorliebe hat die 125er speziell für kleine Landstraßen, auf denen man nicht permanent gezwungen ist, dem "Gas auf-Gas zu"-Spiel nachzukommen. Am besten laufen lassen und das spielerische Handling genießen.

Die Sitzhaltung ist keineswegs so unbequem, wie es den Anschein hat. Die beiden Lenkerstummel liegen erstaunlich griffgünstig zur Hand. Überraschend auch der E-Starter: So ausgestattet, stellt sich schon nach kürzester Zeit ein narrensicheres Ambiente ein, dass es eine Freude ist, mit der 125er beherzt um jede noch so verzwickte Ecke zu biegen. Aufstellmoment, eigenwilliges Einlenkverhalten - Begriffe die die kleine RS schnell in die Sphäre hubraumstärkerer Motorräder verabschiedet. Sie sind quasi nicht existent. Gut, auf der Rennstrecke, unter Fahrern wie Angel Rodriguez und Co., die sich fernab jeglicher Limits zu bewegen scheinen - kommt auch die kleine 125er irgendwann an die Grenze. Zwischen Knall und Fall liegen dann allerdings nicht mehr als ein halbes Grad Schräglage, beziehungsweise die ein oder andere Zehntelsekunde beim Anbremsen. Als gezähmte Erbin setzt auch die Serien-RS 125 jeden noch so kleinen Lenkimpuls blitzschnell um.

>> Eine Nummer größer
Um einiges erwachsener gibt sich da die RS 250. Optisch und technisch noch raffinierter und extremer, strahlt sie schon im Stand diese "Warte, ich werd's dir zeigen"-Atmosphäre aus. Fragen Sie doch spaßeshalber mal in der Big Bike-Liga nach. Dass bei einem weltmeisterlichen Sportgerät die Fahrleistungen in den Vordergrund treten, versteht sich von selbst.

Die 55 PS beschleunigen das fahrfertig nur 167 Kilogramm leichte Gefährt auf knapp 200 km/h, so dass für viel Kurvendynamik auch oder gerade auf der Rennstrecke gesorgt ist. Für den Sprint von Null auf Hundert vergehen gerade mal 5 Sekunden. Dabei verhindert lediglich die relativ lange Übersetzung des ersten Ganges noch bessere Beschleunigungswerte. Dafür passt's ganz vorzüglich auf der Rennstrecke.

Alltagstauglich?
Dass die Italienerin nur bedingt für den täglichen Weg zur Arbeit geeignet ist, leuchtet angesichts der vielen kompromisslosen Lösungen an. So verzichtete Aprilia auf einen schweren und obendrein teuren E-Starter. Bei der Gestaltung des Cockpits entschied man sich für eine analoge Geschwindigkeits- und eine digitale Drehzahlanzeige. Eine nicht ganz einleuchtende Maßnahme, die bestenfalls optischen Reizen entgegen kommt. Bei einem solchen Wetzhobel, wie es die 250er nun einmal ist, steht die Drehzahl ständig im Mittelpunkt des Geschehens. Und da es mit dem wassergekühlten V2-Triebwerk meist sehr flott geht, bleibt in der Praxis nicht viel Zeit, um einen Kontrollblick auf die Anzeige zu werfen. Ein konventionelles Analoggerät wäre hier übersichtlicher gewesen. Auch wenn der einstellbare Schaltblitz ein wirklich ansprechendes Schmankerl darstellt. Pfiffige Details, wie die Sollbruchstelle am Handbremshebel unterstreichen den wahren Charakter dieses Motorrades und überzeugen jeden echten Sportfahrer. Im Lieferumfang ist auch eine Abdeckung des Soziusplatzes enthalten. Das macht optisch wirklich einiges her und ist angesichts der wunderschönen Heckansicht das Tüpfelchen auf dem "i". In der Praxis kann das Sozius-Sitzbrötchen sogar bessere Qualitäten bieten als jenes der 125er. Was allerdings ist nicht wirklich schwer ist...

Für Pfennigfuchser ist die RS 250 allerdings nicht die rechte Spardose. Zwar sind die 6,9 Liter bleifreies Normalbenzin je 100 Kilometer im Drittelmix noch akzeptabel, doch wer ehrlich zu sich selbst ist, sollte eher mit 7,5 Litern rechnen. Hinzu kommt möglichst hochwertiges Zweitaktöl, die regelmäßigen Wartungsintervalle und nicht zu vergessen der überdurchschnittliche Reifenverschleiß.

>> Racefeeling
Doch was ist das alles im Vergleich zum faszinierenden Ambiente der Boxengasse. Sportliches Motorradfahren in Reinkultur heißt hier das Stichwort. Und unter diesem Aspekt ist die RS 250 auch heute noch ein wahrer Stern am Zweiradhimmel. Und ein Ende der Erfolgsstory ist noch lange nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Nachdem Ralf Waldmann in der kommenden Saison definitiv nicht mehr für Aprilia fahren wird, hält Klaus Nöhles aus Nettetal als einziger Deutscher die rot-weiße Firmenfahne in der 250er-Klasse hoch. Der vor kurzem unterzeichnete Vertrag wurde bis 2003 verlängert. Man darf weiterhin optimistisch in die Aprilia-Rennsport-Zukunft blicken. Die Zeichen stehen weiterhin ganz auf Erfolg.

>> Fazit
Über ein so extremes Motorrad wie die RS 250 gibt's viel zu sagen. Kein Wunder, dass sich Plus und Minus die Waage halten. Anders wäre ein solch reinrassiges Sportmotorrad gar nicht machbar. Genau darin liegen Reiz und Faszination. Die RS 125 dagegen macht optisch weit mehr auf sportlich als sie sich in Wirklichkeit gibt. Ohne dabei mit den Fahrleistungen zu kleckern. Wirkliche Durchzugsstärke darf man von ihr natürlich nicht erwarten. Relativiert man dagegen das supersportliche Outfit mit dem bis auf den Sozius-Strafplatz durchaus alltagstauglichen Arrangement aus Motor und Fahrwerk, kristallisiert sich ein fast schon kumpelhafter Eindruck, den man bereits nach kurzer Zeit nicht mehr missen möchte.

Die RS 250 ist ohne Zweifel die exklusivere Maschine, bei der alle Komfortansprüche von vornherein ad absurdum geführt werden. Die durchdachten Details, die traumhafte Form der Bananenschwinge und der bissige Charakter machen sie zum Traum für waschechte Sportfreaks der Lightklasse. Wer diese Eigenschaften für sich annehmen kann, trifft mit der RS 250 die richtige Wahl. Gleichgültig für welche Maschine man sich entscheidet, ohne Drehzahl geht gar nix.

Text: Ulli Hoffmann   RS 250
+ agiles und stabiles Fahrwerk
+ bei sportlicher Fahrweise sehr hoher Fun-Faktor
+ Katalysator
- unübersichtliche digitale Drehzahlanzeige
- für den Alltag knapper Lenkeinschlag
- relativ hohe Unterhaltskosten

RS 125
+ einfache Handhabung
+ sportlich bequeme Sitzposition für den Fahrer
+ messerscharfe Optik
- Soziusplatz ist eine Farce

Quelle: bikerszene.de