Schnelle Straßenmotorräder mit Zweitaktmotor? Da gibt es nur noch die
kleine Aprilia. Und auch die muss spätenstens im Juli 2004 in
den Ruhestand geschickt werden. Ganz schön taktlos.
Die ganze Zeit über juckte es in den Fingern. Doch es war
Beherrschung geboten. Schließlich sollte der Test mit einem
serienmäßigen Motorrad gefahren werden. Eines Abends aber
waren die Meß-, Test-, und Impressionsfahrten abgeschlossen,
endlich konnte der Schraubenschlüssel angesetzt werden.
Umdrehen des originalen Schaltschemas fürs fröhliche
Nachbrennen war angesagt. Bei der Aprilia RS 250 muss
lediglich der kleine Hebel am Getriebeausgang nach oben
gedreht, die Position des Schalthebels in der richtigen Höhe
justiert werden.
Warum das alles? Ganz einfach. Nur wenn von oben nach unten
hochgeschaltet wird, kann man die Gänge mit der Schnelligkeit
nachdrücken, die zur Sektkorken-Charakteristik der RS 250 paßt.
Zwischen 5000 und 7000/min zeigen sich Ansätze von
Leistungsbereitschaft. Hier kann die Aprilia im Verkehr mitdümpeln,
in den unteren Gängen sogar fühlbar Tempo zulegen. Jeder
Gedanke an ernsthaftes Beschleunigen würde jedoch mindestens
zweimaliges Zurückschalten nötig machen. Dann ist da noch
bei 8000/min einen kleiner Einbruch zu überwinden. Doch bei
9000/min macht es plötzlich mooooaaaahap, wie ein Korken
knallen viele PS aus den kleinen Brennräumen. Knapp über
11000/min ist alles schon wieder vorbei, doch wenn rechtzeitig
mit einem Zehntelsekunden-Zucken der nächste Gang nachgeladen
wird, lässt sich das Korkenknallen ein paar Mal wiederholen.
Der kleine Schaltblitz im Cockpit ist da sehr hilfreich. Bis
eine nahende Kurve oder im schlechtesten Fall ein Vierradler
im Zuckeltrab die ganze Spritzigkeit wieder in die Flasche zurückdrängen.
Also die Getriebestufen wieder runtersteigen, einlenken oder
hinterherzuckeln, auf den richtigen Moment warten, und noch
mal das Ganze. Ein hochgradig aufregender Genuß und keiner,
der leicht oder billig zu haben ist. Aber ein Genuß allemal.
Egal nach welchem Schema sie schalten, RS-Neulinge brauchen Zeit,
um der ständigen Forderung nach der optimalen Drehzahl
gerecht zu werden, die Stufung des Getriebes zu
verinnerlichen. Erst dann können sie anhand des Streckenbilds
vor ihnen halbwegs einschätzen, welcher Gang gebraucht wird.
Dass der Erste eher kurz ausgelegt wurde, der Sprung zu den
beiden nächsten groß ausfällt, hilft zwar beim Anfahren,
erleichtert die Wahl der richtigen Fahrstufe aber nicht
gerade. Zumal die Gesamtübersetzung - wohl wegen der Geräuschmessungen
- zu lang ist, wodurch die vorteilhaft eng gestuften Gänge fünf
und sechs in einen auf der Landstraße kaum noch nutzbaren
Tempobereich verschoben werden. Klingt kompliziert und ist es
auch. Doch es muss einfach erwähnt werden, damit deutlich
wird, welche Klimmzüge nötig sind, um ein so spitzes Gerät
für den öffentlichen Verkehr zuzulassen. Dass die RS 250 im
Sinne der Alltagstauglichkeit kein gutes Motorrad sein kann, dürfte
damit klar sein. Wer sich auf sie einlässt, sie mit der nötigen
Präzision zu fahren versteht, kann gerade deshalb sehr glücklich
mit ihr werden. Das muss nicht einmal von Anfang an so sein.
Denn die Aprilia ist ein tolles Schulungsmotorrad, das seine
Piloten zur Konzentration und zum sauberen Fahren erzieht.
Und sie dafür reich belohnt. Den von der Suzuki RGV 250
stammenden Zweitaktmotor der Aprilia auf seine Leistung, seine
spitze Charakteristik und seinen exorbitant hohen Verbrauch an
Benzin und Öl zu reduzieren, wäre nämlich grob unfair. Ein
Zweitakter ist schließlich immer ein Motor mit eingebauter
Anti-Hopping-Kupplung. Sein geringes Bremsmoment im
Schiebebetrieb garantiert selbst bei ganz späten Bremsmanövern
unbeschwertes Zurückschalten. Einkuppeln ist noch in Schräglage
möglich, ohne dass gleich das Hinterrad wegen der Motorbremse
wegrutscht oder ins Stempeln gerät. Dieser trockene
technische Sachverhalt macht die Aprilia im Kurveneingang
pfeilschnell und den Fahrer regelrecht übermütig. Der viel
gebrauchte Ausdruck "messerscharfes Handling" passt
hier dank des Motors so gut wie sonst nie.
Auch im weiteren Verlauf der Kurve glänzt der Zweitakter durch
Geschmeidigkeit. Praktisch ohne Lastwechselschlag, ohne störende
Einflüsse aufs Fahrwerk gelingt der schnelle Übergang vom
Schiebe- in den Lastbetrieb, und wenn die Drehzahl passt,
schnalzt die RS 250 aus der Kurve mit eleganter Leichtigkeit.
Dabei behält der Pilot den Kopf frei fürs Wesentliche: den
Blick für die Linie, das Gefühl für Schräglage und
Reifenhaftung. Ein Kollege, der mit der 250er-Aprilia sein
Zweitakt-Debüt feierte, war beeindruckt: "Du kannst
reinpfeffern ins Eck und dann immer noch jede Linie fahren,
die dir einfällt. Du brauchst nur zu gucken, wo du hin
willst, und die Kleine ist schon dort. Kein Wunder fegen die
Dinger so rotzfrech auf der Rennstrecke rum." Tja, denken
Leute mit Zweitakt-Erfahrung, und wenn dann noch die Übersetzung
angepasst würde ...
Damit niemand glaubt, die Kurventüchtigkeit der Aprilia ließe sich mit
einer handlingfreundlichen Fahrwerksgeometrie für ein
Viertakt-Motorrad einfach nachbauen, ein Blick auf ihre Daten:
Lenkkopfwinkel 64,5 Grad - nicht besonders steil. Nachlauf 102
Millimeter - eher lang. Radstand 1360 Millimeter - auch nur
drei Zentimeterchen kürzer als bei den kürzesten 1000ern.
Eine erzkonservative, stabilitätsfördernde Geometrie. Die
Handlichkeit der Aprilia besteht also zu einem guten Teil aus
Zweitakt-Magie - daraus, wie gut dieses Antriebskonzept zu den
Abläufen beim Motorradfahren passt. Natürlich kombiniert mit
einem schmalen Hinterradreifen der Dimension 150/60 ZR 17 und
einem 120/60er vorn. Der Vorderreifen hinterließ allerdings
wieder einen zwiespältigen Eindruck. Wie erst vor Kurzem bei
der Yamaha YZF-R6 beobachtet (MOTORRAD 9/2002), gibt er auch
bei der Aprilia Stöße sehr ungehobelt weiter. Das Vorderrad
springt stärker als bei Reifen mit höherem Querschnitt, und
den Handlingvorteil des 120/60ers braucht die Aprilia genauso
wenig wie die Yamaha. Wenn von der Handlichkeit der RS 250 die
Rede ist, darf selbstverständlich ihr Leichtgewicht von 167
Kilogramm vollgetankt nicht unerwähnt bleiben. Dabei wurde
der Leichtbau noch nicht einmal ins Extrem getrieben. Denn
abgesehen von den ganzen Anbauteilen, die für den Straßenbetrieb
nötig sind, abgesehen auch vom 19 Liter fassenden Tank trägt
die Aprilia ziemlich solide Teile. Die Gabel, der Alubrückenrahmen
oder die Schwinge wirken für eine 250er schon fast übermäßig
stabil. Aber was soll´s, man sieht sie gerne, die stämmigen
Achsklemmungen und voluminösen Leichtmetallprofile. Zumal
auch deren fein polierte Oberflächen und gleichmäßige
Schweißraupen dem Auge schmeicheln. Ohnehin präsentiert sich
die RS 250 bei all ihrer Agilität und schlanken Gestalt als
ausgewachsenes Motorrad. Zu einem ausgewachsenen, angesichts
der Ausstattung aber nachvollziehbaren Preis. Nicht einmal große
Piloten bekommen das Gefühl, sich auf einem Spielzeugmoped
ungebührlich stark zusammenfalten zu müssen. Die
Aprilia-Philosophie, ausladende Verkleidungen zu bauen, ist
schon bei den 250er GP-Rennern zu beobachten; sie zieht sich
durch bis zur RS 250. Mit der stark gewölbten Scheibe
obendrauf ist ordentlicher Windschutz garantiert. Bleibt die
Frage nach der Zuverlässigkeit des hochgezüchteten
Zweitakt-Geräts. Im Prinzip bestens, aber... Ja, die alte
Geschichte. Die Schieber der Auslasssteuerung sind noch immer
empfindlich. Wenn die Nut des mittleren Segments in Längsrichtung
etwas aufgeweitet wird, rutscht das scharfkantige Teil in den
Zylinder hinein und verursacht sofort einen Motorschaden. Wer
die Nut regelmäßig kontrolliert, kann mit dem mechanisch
robusten Suzuki-Triebwerk in der Aprilia aber etliche 10000
Kilometer zurücklegen. Am meisten machen dem Zweitakter
sowieso seine Schadstoffemissionen zu schaffen. Ihretwegen
wird die unvernünftig-faszinierende Aprilia nicht mehr
zulassungsfähig sein, wenn die Euro-2-Norm ab 1. Juli 2004 für
alle Neufahrzeuge, auch solche mit älterer Homologation,
verbindlich wird. An diesen Tag will ich gar nicht denken.
Jetzt ist Feierabend, es winkt ein prickelnder Heimweg-Test
mit umgedrehtem Schaltschema. Vielleicht kann ich mich ja für
die Zweitakt-Rätschen-Ausfahrt meines Kollegen Werner Koch
qualifizieren. Näheres dazu steht unter www.motorradonline.de
im Forum.
Wenigstens mit der Wahl ihrer Maschine haben die Freunde moderner Zweitakter
keinerlei Schwierigkeiten. Wollen sie deren einzigartig
dynamische, herrlich unvernünftige und unharmonische Art der
Leistungsentfaltung erfahren, gibt es in Deutschland zur
Aprilia RS 250 keine Alternative, von japanischen Grauexporten
mit entsprechend kargen Garantieleistungen und den 125er
Einsteigermodellen einmal abgesehen. Das Modell des
italienischen Herstellers debütierte 1995 mit dem
modifizierten V2 -Triebwerk der Suzuki RGV 250, die 1993 vor
den strenger gehandhabten Emissionsgesetzen für Zweitakter
die Segel gestrichen hatte. Klein, zierlich, gerade mal 165
Kilogramm schwer und mit 56 PS aus 250 cm³- das entspricht
einer spezifischen Literleistung von mehr als 220 PS - hat die
RS Qualitäten aufzuweisen, von denen die
Viertaktkonstruktionen der beliebte 600er Supersportklasse nur
zu träumen wagen. Allerdings hat der Gesetzgeber für die
deutsche Version, die hier ungefähr 1600mal zugelassen ist,
zwei ungeregelte Kats verordnet. Die nervöse
Leistungs-Charakteristik des V2 kommt natürlich den
beschaulichen Ambitionen der Tourenfahrer nicht entgegen. Für
RS-Piloten sind im Prinzip nur zwei Positionen des Gasgriff
entscheidend: auf oder zu. In den ersten drei Gängen zieht
der Motor ab etwa 7000/min respektabel. In den oberen drei
spielt sich die dynamische Art des Vortriebs praktisch
zwischen 9000 und 11900 Touren ab, bis der Drehzahlbegrenzer
Einhalt gebietet. Diese Art der Leistungsabgabe ist eigentlich
nur für einen Einsatzzweck ideal: die Rennstrecke. Denn für
die Autobahn gibt es wesentlich bequemere Fortbewegungsmittel,
und auf der Landstraße ist man mit dieser Art von
Motorradfahren ständig jenseits des Limits. Nicht zuletzt
deshalb, weil das Fahrwerk mit der Motorleistung keinerlei
Probleme hat. Die in Dämpfung und Federung vorn und hinten
justierbaren Elemente sowie die effektive
Dreischeiben-Bremsanlage geben kaum Grund zur Beanstandung.
Die Sorge der Aprilia-Piloten gilt eher der längerfristigen
Haltbarkeit des Motors. Kolbenschäden innerhalb der ersten
20000 Kilometer sind laut Langstreckentest der Schwester
Zeitschrift PS und Lesererfahrungen keine Seltenheit. Speziell
die elektromechanisch angesteuerten Auslassschieber zeigen häufig
Ermüdungserscheinungen. Die Bohrungen der Scherspannstifte in
den insgesamt vier Schiebern - zwei in jedem Auslass -
schlagen in der Platte aus. Die ragt dann so weit in den
Zylinder hinein, daß sie die Laufflächen der Kolben beschädigen.
Aprilia sieht vor, daß sie bei den alle 4000 Kilometer
anfallenden Inspektionen auf Verschleiß und richtige Funktion
überprüft werden. Da vier neue Schieber rund 950 Mark
kosten, kontaktieren viele RS-Piloten die Firma F. , die in
Kleinserie die Schieber überarbeitet und mit einem soliden
Stahlring-Einsatz versieht. Die Kosten pro bearbeitetem
Schieber liegen je nach Ausführung zwischen 120 und 170 Mark,
die Firma verspricht eine Laufleistung von mindestens 20 000
Kilometern. Vorsichtige Naturen lassen sowieso bei jeder
Inspektion durch Demontage Zylinder, Kolben und
Zylinderlaufbahn überprüfen, um Kolbenklemmer oder
Schlimmeres zu verhindern. Auch vibrationsbedingt zerbröselnde
Kats in der Auspuffanlage sind schon mal der Grund für
Kolbenschäden, wenn Stahlpartikel Berührung mit den
Kolbenlaufflächen haben. Nach so einem Schadensfall kann man
sogar Verständnis für Fahrer aufbringen, die von den
Katalysatoren die Schnauze voll haben und für zirka 1600 Mark
eine Jolly Moto-Anlage montieren. Die hat keine Kats und
steigert die Leistung, hat aber beim TÜV keine Chancen. Von
1995 bis 1997 wurde die RS praktisch unverändert gebaut. Für
1998 überarbeitete Aprilia seinen kleinen Renner: Mit günstiger
platzierten und widerstandsfähigeren Katalysatoren wurden
Durchzug und Endleistung noch einmal optimiert worden. Die
vordere Upside-down-Gabel hat seither die Verstellung für
Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung in beiden
Gabelholmen, nicht wie vorher getrennt. Eine neue Verkleidung
soll einen noch besseren Windschutz und einen günstigeren
cw-Wert ergeben. Die Vorderradbremse läßt sich mit neuer
Handpumpe noch besser dosieren. Die Reifenbreite wuchs auf 120
(vorher 110) Millimeter vorn, das Instrumenten-Display weist
jetzt einen digital einstellbaren Schaltblitz auf, und die
Tankkapazität wuchs um drei auf 19,5 Liter. Das werden die
Fahrer des neuen Modells zu schätzen wissen, so wächst der
Aktionsradius auch bei strammer Fahrweise schon mal über die
200- Kilometer-Marke. Denn unter Last säuft der kleine,
starke Zweitakter locker zwischen acht und zehn Litern Benzin
oder gar mehr auf 100 Kilometer. Auch der Ölverbrauch pendelt
sich bei dieser Belastung auf zirka zwei Liter pro 1000
Kilometer ein. Doch Liebhaber dieser Fortbewegungsart nehmen
diese unzeitgemäßen Trinksitten in Kauf. Natürlich sind
gebrauchte RS aus den Jahrgängen 1995 bis 1997, weil
zahlreicher und schon betagter, günstiger zu erwerben als das
neue Modell. Allerdings sollten Kolben, Zylinder und
Auslassschieber einer Kontrolle unterzogen werden, damit keine
Durstrecke wegen frühen Motorinfarkts droht.
Bei aller Liebe, es gehörte bislang schon eine übergroße
Portion Begeisterung dazu, sein zweirädriges Leben mit dem
giftigen Aprilia-Zweitakterle zu teilen. Nervös, kraftlos im
Durchzug und mit verschlafenem Antritt aus dem Stand, konnten
im Stadtverkehr selbst dem hartgesottenen
Zweitakt-Spezialisten schon mal die Nerven durchgehen. Und
damit sind wir schon beim Thema, denn die neue RS 250 ist überm
Berg. Dank emsiger Fleißarbeit an der Auspuffabstimmung und
gelungenen Detaillösungen hat sich der schwarze Renner im
astreinen GP-Design zum recht umgänglichen Kerl gemausert.
Dreimal gekickt- läuft, und bereits ein paar Gasstöße später
trottet der von Suzukis RGV 250 entliehene
Katalysator-gereinigte V2-Motor gemächlich und leise durch
die verstopfte City. Na also, geht doch. Aber es geht noch
viel mehr. Ab 3000/min streßfrei fahrbar, holt der
Zweitakt-Quirl kurz nach 7000/min tief Luft und brennt ohne
Leistungseinbruch los, daß es im wahrsten Sinn des Wortes nur
so raucht. Deutlich mehr Power im mittleren Drehzahlbereich
als das Vorgängermodell (siehe Leistungsdiagramm Seite 26),
spontan im Antritt und flotte 61 PS Spitzenleistung treiben
einem das Grinsen ins Gesicht und die RS 250 in Windeseile auf
Höchstgeschwindigkeit. Warum die erstarkte RS 250 jedoch mit
mageren 55 PS im Prospekt steht, blieb bis Testende ungeklärt.Zusammengekauert
und mit angelegten Ohren durchbricht die RS die magische 200
km/h Mauer, denn die ausladende Verkleidung verbirgt ihren
Piloten nahezu vollständig und wirbelfrei vor dem Fahrtwind
und schafft somit gute aerodynamische Vorraussetzungen. Fast:
denn der faustgroße Lufteinlaß à la GP-Werksrenner mündet
ziemlich unsinnig im Nichts. Also nix mit Staudruck und so.
Einfach nur Show.Dafür haben sich die Italiener alle anderen
mit Hingabe ausgetüftelten Renovierungsarbeiten einen Sack
voll Lire kosten lassen. Die neue verwindungssteife Gabel
ersetzt das vergleichsweise flexible Bauteil der 1997er
Version. In Verbindung mit der ebenfalls erneuerten, jetzt für
messerscharfe Dosierung sorgende Handpumpe der beiden
Brembo-Bremszangen am Vorderrad dürfen die Bremspunkte neu
gesteckt werden. Apropos: Ab sofort spannt sich ein 120/60er
ZR 17 Pirelli Dragon-Pneu über die jetzt 3,5 Zoll breite
Vorderradfelge und genehmigt, beim Einlenken noch einen Deut härter
in die Eisen zu langen. Perfekt wie bislang auch: die
Kurvenstabilität. Da wackelt nix, da eiert nix, wie an der
Schnur gezogen bügelt die vollgetankt 162 Kilogramm leichte
RS 250 durchs wellige Motodrom in Hockenheim. Einbußen in der
Handlichkeit aufgrund der breiteren Bereifung sind entgegen
aller Befürchtungen nicht zu vermelden. Beste Rückmeldung
dagegen sichern die vorn wie hinten fein einstellbaren
Federelemente und liefern eine glasklare Information über den
nahenden Grenzbereich, ohne deshalb den Reiter mit Bockigkeit
zu malträtieren. Überhaupt gibt es für den RS Piloten in
Sachen Komfort keinen Grund zu klagen. Die Sitzposition auf
dem griffigen Gummipolster und das Platzangebot geht auch für
große Kinder in Ordnung. Nur die Stummellenker sollten ein
paar Grad mehr nach hinten zeigen, um die Handballen zu
entlasten.Im engen Serpentinengewürm, beim alten Modell ein
nerviges Drehzahlgewürge mit äüßerst geringem Spaßfaktor,
kaschiert der durchzugskräftigere Motor die weit
auseinanderklaffenden ersten drei Gangstufen der etwas
hakeligen Sechsgang-Schaltbox nahezu perfekt. Ganz nebenbei
reduzierte sich durch die neue Abstimmung auch der
Spritverbrauch bei Dauertempo 160 km/h gegenüber der letztjährigen
Version um rund 2,5 auf 7,6 Liter pro 100 Kilometer, während
der Minimalverbrauch um knapp einen halben Liter anstieg.
Nicht zu vergessen in der Kalkulation sind zwei Liter Zweitaktöl
pro 1000 Kilometer für die Getrenntschmierung. So um die 20
Mark/Liter kostet der schmierige Saft in bester Qualität.Immer
noch ein kleines Problem: bei kalter Witterung verlangt der
bogenförmige Kühler nach einer Handbreit Klebeband, damit
der Motor seine notwendige Wassertemperatur erreicht. Auch
wenn er bereits mit weniger Temperatur tadellos marschiert,
ist es für die Haltbarkeit von Kolben und Zylindern von
Vorteil, erst über 50 Grad richtig einzuheißen. Keine
sichtbaren Änderungen gab`s an den bisweilen empfindlichen
und für manchen Motorschaden verantwortlichen Auslaßschiebern.
So bleibt, wie bisher auch als einziger Ausweg, die regelmäßige
Kontrolle im Rahmen der alle 4000 Kilometer anstehenden
Inspektionen. Noch eine gute Nachricht zum Schluß: Die kleine
Aprilia hat jetzt das, was auch die GP-Werksfahrer haben -
einen Schaltblitz im Cockpit. Der läßt sich per Knopfdruck
im digitalen Info-Center programmieren und signalisiert dem
eiligen Reiter mit einem gut sichtbaren, aber keineswegs
aufdringlichen roten Blitzlicht den optimalen Zeitpunkt. Bei
11900/min einjustiert, bleibt genügend Zeit, für den
Gangwechsel den nächsten Gang hineinzustippen, bevor der
Motor im Begrenzer hängen bleibt. In der Summe ihrer
Eigenschaften ist die Aprilia tatsächlich ein ganz feines Gerät
für den Wochenendausflug auf die Rennpiste. Ehrgeizige Heißsporne
dürfen sich natürlich auch beim Aprilia-Cup einreihen, der
mit nahezu serienmäßigen RS 250 über die Bühne geht (Infos
Telefon: 0521/4470353). Wer´s trotz aller Sportlichkeit am
liebsten auf der Landstraße treibt, darf sich etwas mehr Zeit
lassen, denn der ausreichend helle Doppelscheinwerfer
leuchtet, im Abblendlicht passabel, im Fernlicht hell wie
Osram, auch Spätheimkehrern den richtigen Weg. Nur bei der
Liebe wird’s problematisch. Das aufgeschraubte Sozius-Sitzpölsterchen
treibt selbst einem Nagelbrett-Fakir die Tränen in die Augen.
Zudem leidet die kratzempfindliche Oberfläche der
Kunststoffteile speziell unter dem direkt auf den Heckbürzel
montierten Plastikteil. Also läßt man`s am besten weg und
freut sich in aller Einsamkeit über seine rabenschwarze RS
250 in GP-Format.
Ehemalige RD 350-Treiber werden es bestätigen: Rational betrachtet,
sprach schon einiges dafür, seinen Zweitakter gegen einen
soliden Joghurtbecher zu tauschen. Der zuckelt selbst im
Stadtgedränge ohne Murren vor sich hin. Und zu zweit -
tadelloser Durchzug. War ja furchtbar, diese ewige Dreherei
mit der Zweitakt-Rätsche. Ist schon besser, so ein sanfter,
pflegeleichter Viertakt-Muli. Aber manchmal würde man’s
doch gern wieder tun. Sonntagmorgens, zwischen Frühstück und
Eurosport GP-Übertragung, die Hausstrecke entlangbrettern,
die Zweitaktrassel auspressen, bis es süß kommt, die Gänge
nur so durchgestippt. Bremsen, umlegen und mit spielerischer
Leichtigkeit rum ums Eck. Erfreulicherweise gibt’s auch
heute noch ein paar ganz delikate Exemplare dieser Sorte
Motorräder im Schaufenster. Aprilias RS 250 mit dem Suzuki
RGV-250-Motor zum Beispiel. Schwarz wie die Nacht, geduckt und
auf dem Seitenständer schon schneller als der Rest der Welt,
steht sie da wie König Maxs (Biaggis) Thron persönlich. Als
Gegenstück dazu importiert der ehemalige GP-Pilot Hans Becker
(IMT, Telefon 02741/60453) die für den japanische Markt
konzipierte Replika von Waldmanns Honda NSR 250. Zierlich,
leicht und mit stilvoll rasselnder Trockenkupplung. Beide überspringen
die strengen deutschen Abgashürden mittels ungeregeltem
Katalysator. Derzeit der einzige Weg, die spritzigen
Zweitakter wirksam zu entgiften, ohne daß allzu viele PS auf
Strecke bleiben. Keinerlei Abstriche gibt’s beim Spaß mit
den beiden Winzlingen. Aber aufgepaßt, so einfach, wie
sich’s anhört, ist’s dann doch nicht, zumindest im Fall
der Aprilia. Wenn bei ihr Drehzahl und Motorleistung nicht
harmonieren, hat sich’s schnell erledigt mit der angepeilten
Linie. Also kramen wir im Fundus langer Mopederfahrung,
brechen mit viel Schwung ums Eck, legen den Gashahn ein paar
Meter früher um, als vom Joghurtbecher her gewohnt - und
schon flutscht die Sache. Hondas Zweitakt-Quirl, von der
Grundkonstruktion dem Aprilia/Suzuki-Konzept sehr ähnlich,
begeistert dagegen mit verläßlichem Schub aus fast allen
Lagen. Selbst wenn das Leistungsdiagramm beim NSR-Triebwerk
einige Dellen diagnostiziert (Seite 33), rauscht die Honda mit
halber Schaltarbeit durchs enge Kurvenlabyrinth, schiebt
prompt auf jedes Gaskommando los und läßt der Aprilia keine
andere Wahl, als mit spitzer Drehzahl und gelegentlicher
Kupplungszauberei hinterherzuhecheln. Weshalb sich der
kurzhubige V2-Motor auch an der Tankstelle von dem
ausgewogenen NSR-Zweitakter mit dem bewährten quadratischen
Hub/Bohrungsverhältnis von 54 x 54 Millimeter geschlagen
geben muß. Ein Handicap der Aprilia RS 250: die unsinnig großen
Übersetzungssprünge der ersten drei Gangstufen, die sich
zudem nur mit einem deutlichen »Klack« in ihre Position
begeben. Das kann die NSR zwar besser, dafür knallt der
Honda-Antrieb bei Lastwechseln ziemlich deftig mit der Kette.
Ja, ja, es braucht schon ein ein paar Tankfüllungen, bis man
sich mit den Ecken und Kanten der beiden Flegel arrangiert
hat. Als Belohnung für die Geduld und Fleißarbeit gibt’s
zwar nicht die gern zitierte Handlichkeit eines Fahrrads, doch
selbst im Vergleich zu ganz flinken 600er Sprintern
braucht’s bei der Honda tatsächlich nur die halbe Kraft, um
den 152-Kilogramm-Floh um die Ecken zu biegen. Trotz
komfortbetonter Federelemente bleibt beim flottem Landstraßentänzchen
genügend Stabilität, um mit der NSR blitzschnelle Kurswechel
ohne Schaukelei und Geeier zu inszenieren. Einziger
Spielverderber beim lustvollen Vergnügen: die serienmäßigen
Dunlop »Rideen«-Pneus. Wenig Grip und ziemlich sensibel auf
Holperstrecken, taugen die Serienpneus eigentlich nur als
Felgenschoner. Deshalb stülpen die GP-Stars und auch die
MOTORRAD-Tester lieber Dunlop-Gummis feinster Güte über die
Gußräder: Sportmax D 207 in klebriger »GP«-Mischung und
natürlich mit Straßenzulassung. So besohlt, läßt sich die
kompakte - für Zweitakt-Freaks über 185 Zentimeter Bauhöhe
schon fast zu kompakte - und kurze NSR 250 von nichts mehr aus
der Ruhe bringen und steht bereit, der Aprilia auch auf der
Rennpiste eins überzubraten.Doch gemach, schließlich hat die
RS 250 ein kunstvoll geformtes Aluminium-Chassis, das nicht
nur stabil aussieht, sondern auch so fährt. Die Handlichkeit
tendiert zwar in ihrem Fall noch weiter weg vom Fahrrad und
hin zum 200-Kilogramm-Joghurtbecher, doch dafür saugt sie
sich bombenstabil durch Landstraßenkurven jeglicher Güte.
Bodenwellen kümmern die Aprilia ebenso wenig wie wüsteste
Asphaltverwerfungen. Gelegentliche Zuckungen im Lenker sind
deutlich auszumachen, halten sich aber bei einer soften
Landstraßenabstimmung in akzeptablen Grenzen. Ein gutes Gefühl
in Sachen Haftung vermitteln die auf der RS serienmäßig
montierten Metzeler ME Z 1-Pneus, natürlich in »Racing«-Mischung.
Doch leider stemmen sich die 110 und 160 Millimeter breiten
Gummis der Handlichkeit entgegen und fordern vom
Aprilia-Jockey stramme Zügel beim Einlenken. Straff und
direkt abgestimmt, hielten sich die Aprilia-Techniker an die
italiensche Fahrwerksbauer-Tradition. Die Federelemente
vermitteln jene Rückmeldung, die verwöhnte
Joghurtbecher-Besitzer anfangs als unkomfortabel einstufen, spätestens
nach der dritten Runde über die Hausstrecke jedoch als höchst
informativen Dialog mit der Piste erkennen. Während die Honda
bereits im Landstraßentrimm den Großteil ihrer Dämpferreserven
aufbraucht, stehen bei der Aprilia die Stellrädchen an Gabel
und Stoßdämpfer noch auf »weich«. Das soll sich ändern.Auf
der Haus-und-Hof-Rennstrecke in Hockenheim haben Roß und
Reiter freien Lauf. Jetzt trägt auch die Aprilia die
Dunlop-Sportschuhe, zudem blasen beide durch Jolly Moto-Birnen
ihren heißen Sound durchs Motodrom (siehe auch Seite 30). Die
Honda zieht gleich noch einen Joker. Die straßentaugliche
Chipkarte, die gleichzeitig als Zündschlüssel dient, wird
durch eine »HRC-Card« ersetzt. Der Unterschied: eine
aggressivere Zündkurve sorgt für mehr Bums beim
Beschleunigen und etwas mehr Endleistung, dafür ist bei
11000/min Feierabend, während die Zündkurve der Straßenversion
lockere 1000/min länger am Drücker bleibt. Leicht wie ein Stück
Balsaholz pfeffert die NSR durch die Ecken, hat jedoch
aufgrund ihrer weichen Feder/Dämpferabstimmung ihre liebe
Not, die bestechend Handlichkeit auch in Schnelligkeit
umzusetzen. Dabei wurde in weiser Voraussicht die Feder der
Einarmschwinge bereits durch ein härteres Exemplar ersetzt.
Und trotzdem fehlt es der NSR in den wüsten Wellen der
badischen Rennpiste an Bodenfreiheit und Stabilität. Auf der
Bremse läßt sich kaum was gutmachen, denn die
verwindungssteife, aber ebenfalls zu weich abgestimmte 41er
Telegabel ist den satten, bestens dosierbaren
Doppelscheiben-Stoppern nicht ganz gewachsen und läßt sich
in welligen Passagen bis auf den Anschlag zusammenstauchen.
Dem kraftvollen Durchzug des NSR 250-Triebwerks folgt leider
ein schlagartiger Leistungseinbruch beim geringsten Versuch
des Überdrehens. Die Folge: heftige Schalterei mit ständigem
Blickkontakt zum Drehzahlmesser. Zehntel für Zehntel fallen
dem lästigen Drehzahlbegrenzer zum Opfer, und so bleibt der
Chronometer bei mageren 1.17,1 Minuten stehen. Was für eine
Schande. Auch die Aprilia findet mit der serienmäßigen
Gesamtübersetzung im Motodrom nicht den passenden Rhythmus, läßt
sich aber, wenn´s mal pressiert, gnadenlos überdrehen, spart
so den einen der anderen Gangwechsel und kaschiert zudem die
klaffenden Übersetzungssprünge. Gegen die zögerliche
Gasannahme gibt’s auch auf der Rennpiste nur ein wirksames
Mittel: Bremsen, umlegen, sofort den Gasquirl auf Anschlag
bringen und in gnadenloser Schräglage und mit sauberem Strich
bis auf die Kurbs balancieren. Den entscheidenden Vorsprung
sichert sich die Aprilia letztlich durch ihr fahrstabiles
Chassis mit einem fein justierbaren Federbein. Mit satt
eingestellter Druckstufendämpfung hält der Grip am Hinterrad
auch in den Bodenwellen und Kompressionpassagen unvermindert
an. Nur die Telegabel, deren Feder-/Dämpferfunktionen auf je
einen Gabelholm aufgeteilt sind, verwindet sich beim Bremsen
spürbar. Dabei gehen die Brembo- Zangen recht bissig, aber
mit mäßiger Dosierung und nicht ganz fadingfrei zu Werke.
Unterm Strich bleibt die Aprilia mit 1.16,1 Minuten Sieger im
Ring. Fertig, einpacken, Testende. Denkste, denn bevor nicht sämtliche
Reservekanister mit Sprit leer gefahren sind und die armen
Dunlops in Fetzen von den Felgen hängen, kriegt man keinen
der MOTORRAD-Tester von Piste. Und morgen erzählen sie einem
wieder die Geschichten von Windschutz und Zuverlässigkeit und
Durchzug und Vernunft und überhaupt. Na ja, morgen ist
morgen, und heut ist heut.
Tetsuya Harada, Ralf Waldmann, Klaus Nöhles, Katja
Poensgen und Alexander Hofmann - Namen von Rennfahrern, die für
den Normalsterblichen nicht ohne Wirkung bleiben. Allesamt auf
der Erfolgsmarke Aprilia unterwegs oder zumindest bis dato
unterwegs gewesen.
Insgesamt konnte der italienische Hersteller aus Noale zig
Weltmeistertitel in der 125er und 250er-Klasse einfahren.
Grund genug, explizite Sportmotorräder in den Markt zu
implantieren und den rennsportlichen Ruhm in klingende Münzen
zu verwandeln. Aprilias RS 125 und RS 250 geizen nicht mit
optischen Reizen. Doch auch sonst haben die beiden einiges zu
bieten.
Geduckt lauern die beiden schrägen Typen am Straßenrand. Lässig
auf einer kleinen Stütze lehnend, lassen sie gar keine Hektik
aufkommen. Als könnten sie kein Wässerchen trüben blicken
sie fast trostlos und mit gesenktem Haupt in die Ferne.
Aufwachen! Wir befinden uns weder auf den staubigen Pfaden in
"Spiel mir das Lied vom Tod", noch reden wir hier
von irgendwelchen coolen Hip-Hop-Typen aus der Neuzeit. Wir
befinden uns in der Gegenwart, weitab vom chaotischen
Verkehrsinfarkt einer Großstadt. Jede Menge Kurven in allen
nur erdenklichen Variationen machen bereits beim Anblick Lust
auf das, was Motorrad fahren zum Erlebnis werden lässt.
Faseln wir also nicht weiter herum, sondern darüber, was wohl
jeden beim Betrachten einer Aprilia RS 125 und RS 250 durch
den Kopf geht: "Die muss ich fahren!", höre ich
meine innere Stimme lauthals auf sich aufmerksam machen. Doch
welche zuerst? Wer die Wahl hat, hat die Qual.
>> Zierlichkeit vor Kraft
Zuerst die kleine 125er, denke ich mir. Dann ist die Enttäuschung
später nicht so groß. Gewissenhaft wie Redakteure nun mal
sind, habe ich mich zuvor ein-
gehend mit den Leistungsdaten der beiden Zweitakter beschäftigt.
Angesichts der zierlichen Ausmaße lassen mich die angegebenen
34 PS ungläubig dreinschauen. Da wirken die 55 PS der RS 250
auf den ersten Blick realistischer. Kaum zu glauben, was heute
alles geht - und das in Großserie. Die supersportliche
Aufmachung bringt die persönliche Erwartungshaltung einigermaßen
durcheinander. Wie soll das bloß gehen? Wie fühlt sich sowas
an? Langer Rede kurzer Sinn: Alles absolut easy. Anfahren geht
ab 4.500 U/min. Genug um im Verkehr mitzuschwimmen. Mehr aber
auch nicht. Vordrängeln sollte man sich sparen - die Blamage
könnte sonst allzu große Ausmaße annehmen. Also immer schön
locker bleiben, man sitzt halt nicht auf einer 600er.
Richtiger Fahrspaß kommt erst ab 7.000 U/min auf. Eine
Vorliebe hat die 125er speziell für kleine Landstraßen, auf
denen man nicht permanent gezwungen ist, dem "Gas auf-Gas
zu"-Spiel nachzukommen. Am besten laufen lassen und das
spielerische Handling genießen.
Die Sitzhaltung ist keineswegs so unbequem, wie es den
Anschein hat. Die beiden Lenkerstummel liegen erstaunlich
griffgünstig zur Hand. Überraschend auch der E-Starter: So
ausgestattet, stellt sich schon nach kürzester Zeit ein
narrensicheres Ambiente ein, dass es eine Freude ist, mit der
125er beherzt um jede noch so verzwickte Ecke zu biegen.
Aufstellmoment, eigenwilliges Einlenkverhalten - Begriffe die
die kleine RS schnell in die Sphäre hubraumstärkerer Motorräder
verabschiedet. Sie sind quasi nicht existent. Gut, auf der
Rennstrecke, unter Fahrern wie Angel Rodriguez und Co., die
sich fernab jeglicher Limits zu bewegen scheinen - kommt auch
die kleine 125er irgendwann an die Grenze. Zwischen Knall und
Fall liegen dann allerdings nicht mehr als ein halbes Grad
Schräglage, beziehungsweise die ein oder andere
Zehntelsekunde beim Anbremsen. Als gezähmte Erbin setzt auch
die Serien-RS 125 jeden noch so kleinen Lenkimpuls
blitzschnell um.
>> Eine Nummer größer
Um einiges erwachsener gibt sich da die RS 250. Optisch und
technisch noch raffinierter und extremer, strahlt sie schon im
Stand diese "Warte, ich werd's dir zeigen"-Atmosphäre
aus. Fragen Sie doch spaßeshalber mal in der Big Bike-Liga
nach. Dass bei einem weltmeisterlichen Sportgerät die
Fahrleistungen in den Vordergrund treten, versteht sich von
selbst.
Die 55 PS beschleunigen das fahrfertig nur 167 Kilogramm
leichte Gefährt auf knapp 200 km/h, so dass für viel
Kurvendynamik auch oder gerade auf der Rennstrecke gesorgt
ist. Für den Sprint von Null auf Hundert vergehen gerade mal
5 Sekunden. Dabei verhindert lediglich die relativ lange Übersetzung
des ersten Ganges noch bessere Beschleunigungswerte. Dafür
passt's ganz vorzüglich auf der Rennstrecke.
Alltagstauglich?
Dass die Italienerin nur bedingt für den täglichen Weg zur
Arbeit geeignet ist, leuchtet angesichts der vielen
kompromisslosen Lösungen an. So verzichtete Aprilia auf einen
schweren und obendrein teuren E-Starter. Bei der Gestaltung
des Cockpits entschied man sich für eine analoge
Geschwindigkeits- und eine digitale Drehzahlanzeige. Eine
nicht ganz einleuchtende Maßnahme, die bestenfalls optischen
Reizen entgegen kommt. Bei einem solchen Wetzhobel, wie es die
250er nun einmal ist, steht die Drehzahl ständig im
Mittelpunkt des Geschehens. Und da es mit dem wassergekühlten
V2-Triebwerk meist sehr flott geht, bleibt in der Praxis nicht
viel Zeit, um einen Kontrollblick auf die Anzeige zu werfen.
Ein konventionelles Analoggerät wäre hier übersichtlicher
gewesen. Auch wenn der einstellbare Schaltblitz ein wirklich
ansprechendes Schmankerl darstellt. Pfiffige Details, wie die
Sollbruchstelle am Handbremshebel unterstreichen den wahren
Charakter dieses Motorrades und überzeugen jeden echten
Sportfahrer. Im Lieferumfang ist auch eine Abdeckung des
Soziusplatzes enthalten. Das macht optisch wirklich einiges
her und ist angesichts der wunderschönen Heckansicht das Tüpfelchen
auf dem "i". In der Praxis kann das Sozius-Sitzbrötchen
sogar bessere Qualitäten bieten als jenes der 125er. Was
allerdings ist nicht wirklich schwer ist...
Für Pfennigfuchser ist die RS 250 allerdings nicht die rechte
Spardose. Zwar sind die 6,9 Liter bleifreies Normalbenzin je
100 Kilometer im Drittelmix noch akzeptabel, doch wer ehrlich
zu sich selbst ist, sollte eher mit 7,5 Litern rechnen. Hinzu
kommt möglichst hochwertiges Zweitaktöl, die regelmäßigen
Wartungsintervalle und nicht zu vergessen der überdurchschnittliche
Reifenverschleiß.
>> Racefeeling
Doch was ist das alles im Vergleich zum faszinierenden
Ambiente der Boxengasse. Sportliches Motorradfahren in
Reinkultur heißt hier das Stichwort. Und unter diesem Aspekt
ist die RS 250 auch heute noch ein wahrer Stern am
Zweiradhimmel. Und ein Ende der Erfolgsstory ist noch lange
nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Nachdem Ralf Waldmann in
der kommenden Saison definitiv nicht mehr für Aprilia fahren
wird, hält Klaus Nöhles aus Nettetal als einziger Deutscher
die rot-weiße Firmenfahne in der 250er-Klasse hoch. Der vor
kurzem unterzeichnete Vertrag wurde bis 2003 verlängert. Man
darf weiterhin optimistisch in die Aprilia-Rennsport-Zukunft
blicken. Die Zeichen stehen weiterhin ganz auf Erfolg.
>> Fazit
Über ein so extremes Motorrad wie die RS 250 gibt's
viel zu sagen. Kein Wunder, dass sich Plus und Minus die Waage
halten. Anders wäre ein solch reinrassiges Sportmotorrad gar
nicht machbar. Genau darin liegen Reiz und Faszination. Die RS
125 dagegen macht optisch weit mehr auf sportlich als sie sich
in Wirklichkeit gibt. Ohne dabei mit den Fahrleistungen zu
kleckern. Wirkliche Durchzugsstärke darf man von ihr natürlich
nicht erwarten. Relativiert man dagegen das supersportliche
Outfit mit dem bis auf den Sozius-Strafplatz durchaus
alltagstauglichen Arrangement aus Motor und Fahrwerk,
kristallisiert sich ein fast schon kumpelhafter Eindruck, den
man bereits nach kurzer Zeit nicht mehr missen möchte.
Die RS 250 ist ohne Zweifel die exklusivere Maschine, bei der
alle Komfortansprüche von vornherein ad absurdum geführt
werden. Die durchdachten Details, die traumhafte Form der
Bananenschwinge und der bissige Charakter machen sie zum Traum
für waschechte Sportfreaks der Lightklasse. Wer diese
Eigenschaften für sich annehmen kann, trifft mit der RS 250
die richtige Wahl. Gleichgültig für welche Maschine man sich
entscheidet, ohne Drehzahl geht gar nix.
Text: Ulli Hoffmann
RS
250
+ agiles und stabiles Fahrwerk
+ bei sportlicher Fahrweise sehr hoher Fun-Faktor
+ Katalysator
- unübersichtliche digitale Drehzahlanzeige
- für den Alltag knapper Lenkeinschlag
- relativ hohe Unterhaltskosten
RS 125
+ einfache Handhabung
+ sportlich bequeme Sitzposition für den Fahrer
+ messerscharfe Optik
- Soziusplatz ist eine Farce